Mit großen Augen blickt eine Gruppe Kinder der Flüchtlingsunterkunft an der Aubinger Mainaustraße durch den Türspalt. Da, wo sie normalerweise spielen dürfen, stapeln die ehrenamtlichen Helfer eine Decke nach der anderen auf die Tische des Spielzimmer-Containers. Es sind selbstgenähte Kuscheldecken, die Alexandra Paulus mit den Teilnehmern ihres Schwabinger Nähtreffens für die Kinder angefertigt hat. „Mini Decki“ heißt die Aktion, die in der Schweiz initiiert wurde. Die Decken sollen eine Geste des Willkommens für die Kinder sein: „Sie stehen für Sicherheit, Geborgenheit, Vertrauen und Anerkennung“, erklärte Paulus. Jedes Kind aus der Gemeinschaftsunterkunft soll eine solche Decke bekommen. Ein wenig schüchtern betraten die Kinder den Raum, um sich vom Helferkreis beim Aussuchen beraten zu lassen.
Unschlüssig blickte ein kleiner Junge auf die Berge von Decken – manche waren aus fröhlich-gemusterter Kinderbettwäsche zusammengenäht, andere in aufwändiger Quilttechnik angefertigt, und es gab sie in unterschiedlichen Größen. Als ihm eine Helferin eine Decke mit bunten Autos entgegenstreckte, hellte sich das Gesicht des Buben auf. Die Decke fest an sich gepresst, verließ er glücklich den Raum.
Millionär spendet Jacken
Die Decken waren nicht die einzigen Gaben, die es an diesem Nachmittag für die rund 200 Flüchtlinge gab. Vor einem anderen Container hatten sich die Erwachsenen in einer Schlange aufgestellt. Auf sie warteten schwarze Winterjacken. Sie waren Teil der insgesamt 100 000 Winterjacken umfassenden Spende des australischen Multimillionärs und gebürtigen Hongkong-Chinesen Heny Ngai. Im Sommer hatte Ngai im Fernsehen Bilder vom Empfang syrischer Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof gesehen. Das hatte den Mann so beeindruckt, dass er beschloss, die Jacken für die kalte Jahreszeit zu spenden.
Durch Zufall hat Ricarda Schmidt vom Helferkreis von dieser Kleiderspende erfahren und erreicht, dass Jacken auch nach Neuaubing kamen. „Sie werden auch dringend benötigt“, erklärt sie. „Warme Jacken“ sein ein immer wiederkehrender Wunsch, den die Flüchtlinge im Rahmen einer Umfrage des Helferkreises geäußert hatten.
Derzeit sind rund 80 ehrenamtliche Mitglieder im Helferkreis organisiert. Beruflich und altersmäßig ist der Kreis ein Spiegelbild der Gesellschaft. Zum Helferkreis gehören Rentner, Schüler, Lehrer, Krankenschwestern, IT-Designer, Journalisten, Ingenieure, Hebammen, Dolmetscher und andere. Ein Schwerpunkt der Hilfe sind die Deutschkurse. Mittlerweile unterrichten 14 ehrenamtliche Lehrkräfte in elf Kursen Deutsch. Es gibt auch andere Angebote, die von der Organisation der Kleiderkammer bis zur Kinderbetreuung reichen. Und es werden natürlich Spenden gesammelt.
Da der Helferkreis kein eingetragener Verein ist, hat die katholische Pfarrgemeinde St. Lukas hilfsweise ein Spenden-Konto eingerichtet. Das dort eingehende Geld wird ausschließlich zu sozialen Zwecken in der Flüchtlingsunterkunft verwendet. Unterdessen wird auf dem Nebengrundstück mit Hochdruck ein zweistöckiges Gebäude für Flüchtlinge und Wohnungslose gebaut. Der langgestreckte Bau soll die Notunterkunft ersetzen. Nach Angaben des Münchner Sozialreferats sollen die Flüchtlinge voraussichtlich Ende Juni dieses Jahres in den Neubau umziehen.
Autorin: Patrizia Steipe
Dieser Beitrag erschien im Münchner Wochenanzeige und im Aubinger Werbe-Spiegel.